Seit über zwei Wochen sorgt Bagrat Galstanjan, der berüchtigte Erzbischop der Provinz Tawusch im Nordosten Armeniens, für Unruhe im land. Er und mit ihm die Armenisch Apostolische Kirche stellen sich entschieden gegen die Demarkation und Delimitation der Grenzen zu Aserbaidschan. Zu diesem Zweck gründete Galstanjan die Bewegung "Tawusch für Mutterland" und mobilisierte einen Teil der Bevölkerung gegen die Administration von Nikol Paschinjan. Nach erfolglosen Versuchen, den laufenden Grenzziehungsprozess zu stören, hat er vor einigen Tagen beschlossen, die Demonstranten in die Hauptstadt Jerewan marschieren zu lassen. Unterwegs schlossen sich die Bewohner weiterer Provinzen ebenfalls den Protestlern an. 


Am 9. Mai traf Galstanjan mit seinen Anhängern in Jerewan ein, wo eine jubelnde Menge auf dem Platz der Republik auf ihn wartete. Die Kundgebung im Zentrum der Hauptstadt war im Vorfeld angekündigt worden. Mehrere Tausend Menschen, die hauptsächlich der Opposition nahestehen und jegliche Friedensinitiativen mit Aserbaidschan ablehnen, kamen zusammen. Noch vor seinem Einmarsch kündigte Galstanjan an, seine Forderung sei die sofortige Einstellung der Demarkationsarbeiten an der Grenze zu Aserbaidschan. Während der Demonstration erhob er jedoch eine weitere Forderung, nämlich den Rücktritt von Paschinjan. Dem Premier wurde dafür eine Stunde Zeit gegeben. Nach einer Stunde kam aus dem Regierungsgebäude allerdings keine Reaktion.


Galstanjan erklärte am Ende, man werde den Kampf am nächsten Tag fortsetzen und rief zu diesem Zweck alle Anhänger der Bewegung in Jerewan und im ganzen Land mit friedlichen Aktionen zur zivilen Ungehorsamkeit auf. Nach einem Gespräch mit Vertretern der beiden Oppositionsfraktionen im Parlament, die sich ebenfalls der Bewegung angeschlossen haben, teilte der Erzbischop mit, dass die Abgeordneten auf die Absetzung des Premierministers durch ein Misstrauensvotum geeinigt hätten. 


Die politischen Analysten aus Armenien nannten diese Bewegung eine von Russland dirigierte Aktion. Sie glauben, der Kreml versuche, über die sogenannte „5. Kolonne“ Druck auf die armenischen Behörden auszuüben. Ziel sei es, eine weitere Annäherung des Landes an den Westen zu verhindern.