Die Beziehungen zwischen dem Iran und Aserbaidschan sind seit einiger Zeit von einer schweren Krise gekennzeichnet. Der bevorstehende Besuch des iranischen Außenministers Abdollahian in Baku zur Teilnahme an einer Konferenz der "Bewegung Blockfreier Staaten" weckt jedoch Hoffnungen auf eine Normalisierung . Gibt es dafür politische und wirtschaftliche Voraussetzungen für einen Neubeginn?

Am 5. und 6. Juli findet in Baku ein Treffen der Außenminister der Mitgliedsstaaten Blockfreier Bewegung statt. Die Islamische Republik Iran wird durch eine Delegation unter Leitung des Außenministers Hossein Amir Abdollahian vertreten sein. Der iranische Außenamtchef ist mittlerweile in der aserbaidschanischen Hauptstadt eingetroffen.

Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim soll Abdollahian unter anderem mit seinem aserbaidschanischen Amtskollegen Dschejhun Bajramow und anderen hochrangigen Beamten Gespräche führen.

Das Verhältnis zwischen beiden schiitischen Nachbarstaaten befinden sich im historischen Tiefpunkt. Die iranische Presse bezeichnet diesen Umstand als "besorgniserregend".

Trend zur Versöhnung in der Region

Die Länder des Nahen Ostens haben sich im Lichte aktueller geopolitischer Entwicklungen zum Ziel gesetzt, den zwischenstaatlichen Spannungen ein Ende zu setzen und einen Weg zur Versöhnung einzuschlagen. Erst kürzlich wurde bekannt, dass die diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und Ägypten auf Botschaftsebene wiederhergestellt werden sollen. Die 13. iranische Regierung unter Präsident Ebrahim Raisi möchte ebenfalls diesem Trend in der Außenpolitik folgen. Vor einem Monat wurde in Saudi-Arabien nach siebenjähriger Pause wieder die iranische Botschaft eröffnet. Berichten zufolge bemüht sich Teheran um eine Normalisierung mit Bahrain, und auch der Dialog mit Abu Dhabi hat sich intensiviert.

Das Umfeld des Gipfeltreffens der Bewegung Blockfreier Staaten ist einem konstruktiven Engagement förderlich. Im ihrem Geiste sagt diese Organisation "Nein" zu Kriegen, Katastrophen und Zerstörungen in der Welt und setzt sich für Frieden, Sicherheit und Stabilität ein. Die breite Vertretung von Staaten (mehr als 120) spricht für die Bedeutung der Veranstaltung.

Wirtschaftliche Vorteile für Iran und Aserbaidschan

Gemeinsame wirtschaftliche Interessen können für eine Annäherung zwischen dem Iran und Aserbaidschan sorgen. Einer der gemeinsamen Nenner ist der Nord-Süd-Verkehrskorridor. Eine wichtige Verkehrsader im Rahmen dieses Projekts ist die Eisenbahnstrecke Rascht-Astara, die in unmittelbarer Nähe der aserbaidschanischen Grenze verläuft. Russland hat dem Iran kürzlich ein Darlehen in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar für die Fertigstellung dieser Strecke gewährt. Die genannte Route wird den Transport von Waren vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf und zum Indischen Ozean ermöglichen und könnte auch für die Entwicklung des Tourismus genutzt werden.

Das trilaterale Abkommen (Aserbaidschan, Iran und Russland) über den Bau der Straße "Qazvin-Rasht-Enzeli-Astara" wurde bereits 2005 unterzeichnet. Die Kosten für das Projekt wurden auf 2 Mrd. US-Dollar geschätzt, der Bau begann 2006. Bis heute ist der Abschnitt zwischen Qazvin und Rasht (205 km) fertiggestellt und in Betrieb genommen.

Iranische Politiker zu den Beziehungen mit Aserbaidschan

Prominente Persönlichkeiten des iranischen Establishments weisen auf die Bedeutung einer Normalisierung der Beziehungen zu Aserbaidschan hin. Der außenpolitische Berater des Obersten Führers des Iran, Ali Akbar Velayati, hat wiederholt die Unterstützung des Iran für die territoriale Integrität Aserbaidschans betont. In einem Artikel für die Nachrichtenagentur Tasnim lobte Velayati die "Schlüsselrolle", die das aserbaidschanische Volk in der Geschichte Irans gespielt hat: "Heute sollte man sagen, dass jeder Aserbaidschaner ein Iraner ist und jeder Iraner ein Aserbaidschaner. Das gilt selbst dann, wenn sie einen nicht-iranischen Pass haben oder außerhalb des Irans leben. Ich bin selbst auch ein Aserbaidschaner", äußerte sich Velayati. Sein Land hätte seit der seit der Islamischen Revolution keines der 15 Nachbarländer angegriffen, fügte er hinzu. 

Ähnlich äußerte sich auch Ali Nikzad, Leiter der iranisch-aserbaidschanischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe: "Der Vorfall in der aserbaidschanischen Botschaft hat nichts mit der Politik oder Sicherheit zu tun, es handelt sich um eine persönliche Feindschaft. Dies ist ein bitterer Vorfall, wir sprechen dem freundlichen aserbaidschanischen Volk unser Beileid aus". 

Mohsen Pak Ayin, ehemaliger Botschafter der IRI in Aserbaidschan, sagte im Januar: "Unsere Länder haben mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen".